Es kam anders als gedacht und erhofft: es war aus aktuellem Anlass eine minimal aktualisierte Neuauflage der 2017er Spätsommerausgabe der CORAXProgrammzeitung zum Thema Wahl gedacht. Doch angesichts diesjähriger geplanter und ungeplanter Wahlen hier und dort, angesichts der Szenarien von Zeitenwenden und militanten Denkzetteln, angesichts der Überlegungen, inwiefern die demokratische Wahl ein strategisches Mittel mancher politischer Parteien sei, um dann wiederum Demokratie zu beschneiden bzw. abzu­schaffen, angesichts der verspürten Not zur Neugründung resp. zum Verbot von Parteien … in Deutschland, in Frankreich, in den USA … Irgendwie hat sich in den letzten vier Jahren dieses demokratische Normal-KernVerfahren ›Wahl‹ – eine Milliarde Menschen sind dies Jahr weltweit dazu aufgerufen – in der öffentlichen Debatte wie in der politischen Praxis radikalisiert und lehrt selbst abgeklärten Wahlskeptikern das Grausen. So dachten wir, es braucht statt Aufwärmen der alten, immer noch treffenden Erläuterungen eine Beschau dieser gegenwärtigen Wahlszenarien. Überlegungen, die die sachlich-kritische Beschäftigung mit dem demokratischen Wahl-Prozedere als Mittel politischer Mitsprache nicht an der praktischen Not der heutigen Situation relativieren und kassieren will, sondern fragt, inwiefern beides zusammenzudenken wäre. So haben wir einen umfangreichen Gastbeitrag von Freerk Huisken darüber, wie sich Volksherrschaft zu Herrschaft und individueller Wahlstimme verhält. Neben dieser nüchternen Betrachtung versuchen wir, die zwei neuen, vermutlich aussichtsreichsten Wahlangebote fürdie kommenden Landtagswahlen – Alternative für Deutschland (AfD) und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – in ihren Gemeinsamkeiten zu den anderen demokratischen Parteien als auch in den zentralen Punkten ihrer Kritik an eben jenen zu bestimmen, der sie ja entspringen.
Diese Ausgabe schließt mit zwei Texten. Sie bringen gewissermaßen unsere Ratlosigkeit über den Umgang mit den nächsten Wahlen zur Sprache (unsere Rubrik Hingehört haben wir dafür geöffnet). In den zwei eher fragenden, ambivalenten Texten versuchen sich die Autor:innen in dem zu orientieren, was sich ihnen als Dilemma zeigt. So sind auch die beiden letzten Texte
eher als Annäherungsversuch an die Frage Was tun? …wählen? denn als klarer Aufruf zu einem konkreten Handeln zu verstehen.

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