Eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen saugen. Sie tragen Spitzhüte, durch die sie als Menschen jüdischen Glaubens erkennbar sein sollen. Die dritte Figur, ein Rabbiner, blickt der Sau unter den Schwanz. Diese Szene ist auf einem Relief an der Lutherkirche Wittenberg in Sachsen-Anhalt zu sehen. Seit etwa dem Jahr 1300 ist dieses Relief dort angebracht. Solche Reliefs gibt es im deutschsprachigen Raum an etwa 30 weiteren Kirchen. Sie werden "Judensauen" genannt, ein Wort, in dem der Antisemitismus ihrer Darstellungen schon zu hören ist. Schweine gelten im Judentum als unrein. Seit einigen Jahren wird über das an der Wittenberger Stadtkirche angebrachte Schmährelief kontrovers diskutiert. Bis Mitte Juni verhandelte der Bundesgerichtshof darüber, ob das antisemitische Relief abgenommen werden muss. Das Ergebnis: Die als sogenannte "Judensau" bekannt gewordene Plastik darf hängen bleiben. Zwar sagte der vorsitzende Richter, dass das Relief für sich betrachet "in Stein gemeißelter Antisemitismus" sei. Aber durch die Einordnung des Reliefs durch eine Bodenplatte und einen Aufsteller der Kirche liege keine Rechtsverletzung vor, so die Begründung des Bundesgerichtshofes. Die Kirchengemeinde in Wittenberg habe sich dadurch vom Inhalt des Reliefs distanziert. Mit diesem Urteil ist vielleicht die rechtliche Lage geklärt. Aber im gesellschaftlichen Umgang mit den antisemitischen Reliefs bleiben weiterhin viele Fragen umstritten.
Aus diesem Anlass laden Studierende des religionswissenschaftlichen Instituts der Universität Leipzig am Freitag den 8. Juli um 17.15 Uhr in den Hörsaal 3 auf dem Hauptcampus in der Innenstadt von Leipzig zu einem Vortrag mit anschließendem Podiumsgespräch ein. Titel der Veranstaltung ist "Luthers antisemitisches Erbe und die Wittenberger Schmähplastik". Mitdiskutieren wird unter anderem die Religionswissenschaftlerin Yasmin Koppen. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am religionswissenschaftlichen Institut der Universität Leipzig und war heute Morgen mit Radio Corax im Gespräch über die Wittenberger Schmähplastik.
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