„Potenziell werden aktuell sehr viele Menschen unrechtmäßig überwacht“

Am 13. September wurde über einen Bericht von Access Now und Citizenlab bekannt, dass auf dem Smartphone der russischen Exiljournalistin Galina Timtschenko die Überwachungssoftware Pegasus aufgespielt wurde, als sie sich im Februar in Berlin aufhielt. Das Besorgniserregende ist natürlich zum einen, dass dies in Deutschland passiert ist, wo die Presse eigentlich einen relativ guten Schutz vor Überwachung auf der gesetzlichen Ebene genießt, aber zum anderen auch, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass vielleicht eine deutsche Behörde verantwortlich ist. Deswegen fordert Reporter ohne Grenzen eine Aufklärung dieses Vorfalls, und damit auch einen genaueren Blick auf die Kompetenzen und Befugnisse deutscher Behörden bei der Überwachung deutscher Staatsbürger, aber auch von nicht deutschen Bürger*innen und darüber hinaus besonders für Journalist*innen.

Im besonderen Maße spielt dabei die gesetzliche Grundlage für den Bundesnachrichtendienst, dem Auslandsgeheimdienst der BRD, welcher aktuell zum dritten Mal seit dem NSA-Skandal reformiert wird, nachdem das Bundesverfassungsgericht das aktuelle Gesetz einkassiert hatte. Während diese dritte Reform derzeit auf dem Weg ist, läuft gleichzeitig eine Verfassungsbeschwerde der Menschenrechts-NGO Reporter ohne Grenzen zusammen mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte gegen die aktuell gültige Fassung. Über genau diese ganzen Zusammenhänge, was womit zu tun hat, und was zu erwarten ist, aber auch zu dem aktuellen Fall der Überwachung der russischen Exiljournalistin Galina Timtschenko sprachen wir mit Helene Hahn, Referentin für Internetfreiheit bei Reporter ohne Grenzen.

Richtigstellung: Im Gespräch wird fälschlicherweise gesagt, dass Pegasus von der Polizei genutzt wird. Das ist nicht korrekt an der Stelle. Vereinzelte Landespolizeien dürfen Staatstrojaner per Gesetz einsetzen, aber nicht alle. Ob sie Pegasus nutzen, ist nicht bekannt. 2022 hat die Ampel zu der Frage keine klare Antwort gegeben. Siehe dazu u.a. netzpolitik.org.


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