„Man kann nur gegen Fake News und Hassreden kämpfen, indem man bessere Alternativen anbietet“

(English version below)

Es ist eine rasante Entwicklung, die unter Journalisten in Jerewan in Armenien derzeit zu heftigen Debatten führt: Sie kritisieren, dass in den sozialen Medien und im Internet eigentlich nur Fake News, Hassreden und schlechte, journalistisch unsauber recherchierte Inhalte verbreitet werden. Der Wechsel von klassischen Medien zum digitalen Raum hat sich in Armenien, im Vergleich zu Deutschland, sehr schnell vollzogen. Erst 2012 sind die Kosten für Internetzugang so weit gesunken, dass es sich die meisten Armenier*innen leisten können online zu sein, die aktuelle Jugend hat jetzt schon flächendeckend Smartphones und lebt zur Hälfte auf Instagram und TikTok. Die klassischen Medien sind von der Entwicklung überrollt und stehen zusätzlich in der nicht ganz unberechtigten Kritik, aus den Taschen von Parteipolitikern finanziert zu sein. Die wichtigsten Fernsehsender und Zeitungen gehören Oligarchen, die jeweils die Sichtweise ihrer eigenen Partei auf Ereignisse bevorzugen wollen.

Um dieser Situation entgegenzusteuern, wollen manche ältere Journalisten, aber auch junge und engagierte Journalist*innen, das Vertrauen in die Medien wieder aufbauen. Dazu streben sie ein eigenes Aufsichtsgremium an, welches die ethischen Standards der internationalen Pressearbeit verbindlich durchsetzen soll und auch Qualitätsjournalismus finanziell fördern. Eine erste solche Selbstregulierungsorganisation hat der Yerevan Press Club 2007 ins Leben gerufen, mit mäßigem Erfolg. Doch seit 2019 versuchen sie eine staatlich unterstützte NGO daraus hervorgehen zu lassen, die auch finanziell Medienprojekte unterstützen kann. Schon fast eine Art öffentlicher Rundfunk für Armenien also. Doch wird dieser nicht wieder zu stark vom Staat gelenkt, wenn dieser bei der Finanzierung direkt beteiligt ist? In der armenischen Hauptstadt Yerevan traff einer unserer Redakteure letzte Woche Boris Navarsady vom Yerevan Press Club, der am aktuellen Gesetzesentwurf mitarbeitet. Dieser Gesetzesentwurf soll vielleicht schon nächstes Jahr zur Abstimmung stehen.

(English)

“You can only fight against Fake News and Hate Speech by offering better alternatives”

The Yerevan Press Club is currently advocating for a state recognized organization for the self-regulation of media in Armenia. As the debate over fake news, hate speech and disinformation has grown steadily over the last years and court cases against reports from journalists have increased, the need for such an institution has grown. The idea is simple: A non-governmental body will be entrusted with regulating complaints against media outlets, publish corrections and statements, finance quality journalism and work towards a common ethical and professional journalism framework across all media outlets. Boris Navarsady from the Yerevan Press Club is involved in discussions with the government over a draft law to establish such a non-governmental organization and explains how this would benefit the Armenian media landscape.

English Audio:


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Das Parlamentsgebäude in Jerewan bei Nacht. Foto: Lente/RadioCorax (CC BY-NC-SA)