Zur Rolle von Antifeminismus und Sexismus beim Prozess gegen „Identitäre“ in Halle

Bis vor zwei Jahren befand sich mitten in der Innenstadt von Halle ein Projekthaus der extrem rechten sogenannten „Identitären Bewegung“. Medial wurde dies als "Leuchtturmprojekt" der neurechten Bewegung aufgebauscht. Das Haus befand sich direkt angrenzend an den Campus der Universität in der Adam-Kuckhoff-Straße 16. Seit zwei Jahren ist das rechte "Hausprojekt" Geschichte. Nach unablässigen Protesten von Anwohner:innen und politischen Initiativen gab die "Identitäre Bewegung" das Haus schließlich auf. Auch bundesweit befindet sich die IB mittlerweile auf dem Rückzug, Mitgliederzahlen schwinden, öffentlichkeitswirksame Aktionen liegen Jahre zurück. In Halle wollten die Identitären eine Hegemonie innerhalb des Viertels und der Universität erlangen. Davon waren sie immer weit entfernt. Und doch kann man nicht leugnen, dass Menschen die Umgebung des Hauses in der AKS16 zu bestimmten Uhrzeiten gemieden haben. Das betraf vor allem Menschen, die wussten, dass sie Ziel rechter Gewalt werden könnten. Zum Beispiel, weil sie von den Identitären als politische Gegner erkannt werden. Und tatsächlich hat es mehrere Angriffe aus dem Haus der Identitären heraus gegeben. Einer der schwersten Angriffe ereignete sich im Frühjahr 2019. Nach einer verbalen Auseinandersetzung griffen mehrere Mitglieder der Identitären Bewegung drei Studierende an und verletzen sie teils schwer. Dieser Angriff ist in den letzten Monaten am Amtsgericht Halle verhandelt worden. Angeklagt waren vier Personen, die der „Identitären Bewegung“ zugeordnet werden können: Luca H., Till-Lucas W., Robert T. und Paul H.. Die drei Menschen, die angegriffen wurden, traten im Prozess als Nebenkläger auf. Letzte Woche wurde das Urteil am Amtsgericht Halle verkündet. Alle vier Angreifer wurden freigesprochen. Das klingt erstmal unglaublich und leicht zu verstehen ist es nicht. Es gibt zahlreiche Aspekte, die es an diesem Gerichtsprozess zu kritisieren gilt. Umfassende Analysen des Prozesses könnt ihr bei der Taz und der Zeit nachlesen. https://taz.de/Angriff-von-Identitaeren-in-Halle/!5865911/ https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-07/halle-amtsgericht-identitaere-bewegung-angriff-freispruch Wir wollen uns hier auf einen bestimmten Aspekt konzentrieren: den Antifeminismus der Identitären und die sexistischen Geschlechterrollenvorstellungen, die das Gericht und die Staatsanwaltschaft im Prozess vertreten haben. Fest steht, die drei Betroffenen sind von den Identitären als politische Gegner:innen erkannt und deshalb angegriffen worden. Die Betroffenen, das sind zwei Frauen und ein Mann. Deren Geschlecht spielte sowohl für die Angreifern als auch im Gerichtsprozess eine Rolle. Wir haben dazu mit einer der Nebenklagevertreter:innen, der Rechtsanwältin Christine Lüth gesprochen. Zu Beginn haben wir sie gefragt, inwieweit der Antifeminismus der „Identitären Bewegung“ bei dem Angriff eine Rolle gespielt hat. Zunächst schildert sie noch einmal die Situation kurz vor dem eigentlichen Angriff.


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"'Kick em out- Nazizentren dichtmachen'" by strassenstriche.net (CC BY-NC)