(English version below)
Im September dieses Jahres besetzte Aserbaidschan die umkämpfte Region Bergkarabach und verschob damit drastisch zumindest die geopolitische Lage im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan. Der Konflikt ist damit nicht vorbei, den Aserbaidschan stellt nun neue Ansprüche an armenische Gebiete als Bedingung für einen Friedensvertrag. Armenien selbst ist stark geprägt von diesem Krieg, den dazu gehören auch entsprechende Kriegsnarrative, welche Diskussionen im Land über soziale Probleme und Forderungen nach mehr Demokratie sehr stark erschweren - und das, obwohl 2018 noch die Euphorie groß war und die Bevölkerung in einer kleinen Revolution ein Regierungswechsel durchsetzten und das Land große demokratische Fortschritte machen konnte. Die Sozialwissenschaftlerin Arpy Manusyan, die für die NGO Socioscope die Zivilgesellschaft über viele Jahre beobachtet hat, stellt im Gespräch mit Radio Corax fest, dass die Menschen in Armenien sich nicht mehr als Akteure verstehen, welche Veränderungen bewirken können. Der dauerhafte und nationalistisch geprägte Krieg lähmt emanzipatorische Prozesse, das wäre die Schlussfolgerung daraus. Doch ist die Lage wirklich so hoffnungslos? Und wie kann eine Zivilgesellschaft, oder emanzipatorische Akteure mit solch einer Situation umgehen? Darüber sprachen wir mit Arpy Manusyan im Januar 2023 - und die Antworten sind weiterhin aktuell und relevant, den, obwohl die geopolitische Lage sich um einiges verschoben hat, ist die Problemlage immer noch die gleiche: Der Konflikt dauert an und ein Frieden ist nicht in Sicht, und in Armenien wirken die sozialen Veränderungsprozesse der jungen Demokratie wie eingefroren.
Dieses Gespräch entstand im Rahmen einer Recherchereise nach Jerewan in Armenien im Dezember 2022. Weitere Beiträge, die in diesem Kontext entstanden sind, findet ihr hier:
- Armenien: Zwischen Veränderung und Apathie
- There is a light - Feminismus in Armenien
- Berichterstattung gegen Umweltzerstörung in Armenien
- „Man kann nur gegen Fake News und Hassreden kämpfen, indem man bessere Alternativen anbietet“
- Eine Busfahrt in den Dilijan Nationalpark
- Armenien zwischen eurasischer und europäischer Union
- Streben nach Demokratie in Armenien
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(English original)
In September of this year, Azerbaijan occupied the disputed region of Nagorno-Karabakh, drastically shifting at least the geopolitical situation in the conflict between Armenia and Azerbaijan. The conflict is not over, as Azerbaijan is now making new claims to Armenian territories as a condition for a peace treaty. Armenia itself is strongly characterized by this war, which also includes corresponding war narratives that make discussions in the country about social problems and demands for more democracy very difficult - even though in 2018 the euphoria was still great and the population was able to push through a change of government in a small revolution and the country was able to make great democratic progress. In an interview with Radio Corax, social scientist Arpy Manusyan, who has observed civil society for the NGO Socioscope for many years, notes that the people of Armenia no longer see themselves as actors who can bring about change. The conclusion is that the prolonged and nationalistic war is paralyzing emancipatory processes. But is the situation really so hopeless? And how can a civil society or emancipatory actors deal with such a situation? We talked about this with Arpy Manusyan in January 2023 - and the answers are still topical and relevant because, although the geopolitical situation has shifted somewhat, the problem situation is still the same: The conflict continues and there is no peace in sight, and in Armenia the social change processes of the young democracy seem frozen.
This interview was written as part of a research trip to Yerevan in Armenia in December 2022. You can find other articles written in this context here:
- Armenia: Between change and apathy
- There is a light - Feminisim in Armenia
- Reporting against the Destruction of Nature in Armenia
- "You can only fight fake news and hate speech by offering better alternatives
- A bus trip to Dilijan National Park
- Armenia between the Eurasian and European Union
- Striving for democracy in Armenia
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