Am 9.8.20 gab es in Belarus Präsidentschaftswahlen. Im Vorfeld gab es schon viele Anzeichen, dass diese Wahlen nicht so sein werden wie in den letzten 26 Jahren. Alexander Lukaschenko hatte seine Rivalen bisher immer weggesperrt, massive Gewalt angewendet und die Wahlen fälschen lassen. Lange Zeit hat er das Land als Diktator geführt, was zur Auswanderung vieler junger Menschen führte.
Aber dieses Jahr ist es anders: nachdem die drei aussichtsreichsten Gegen-Kandidaten im Gefängnis gelandet sind, vereinigen sich deren Frauen und Managerinnen zu einer weiblichen Troika, die gemeinsam die Opposition anführt. Viele Belaruss*innen gehen daraufhin zum ersten Mal in ihrem Leben wählen, denn hier sehen sie eine echte Möglichkeit zur Veränderung.
Auch diesesmal wurden die Wahlen gefälscht, sie fanden ohne die Teilnahme internationaler Wahlbeobachter statt. NGOs sammelten dennoch Daten, nach deren Auswertung sehr klar wurde, dass das angebliche Endergebnis von 82 Prozent für Lukaschenko nicht stimmen kann. Als die Menschen in Belarus am Sonntagabend nach den Wahlen vor den Wahlbüros warteten, um die Herausgabe der Stimmprotokolle zu fordern, wurden sie mit extremer Gewalt zurückgedrängt. Dennoch gingen die Menschen weiter auf die Straße, bauten Barrikaden, schwenkten weiß-rot-weiße Fahnen, die unter Lukaschenkos Regime als Widerstandssymbol verboten waren.
Die Protestierenden in Belarus waren und sind zu jedem Zeitpunkt unbewaffnet und friedlich. Die Solidarität miteinander erstaunt sie am allermeisten. Jahrzehnte waren sie es gewohnt, ihre Meinung größtenteils privat zu halten. Die Gewalt geht nun komplett vom Staat aus. Aber die frisch erwachte solidarische Gemeinschaft hat sich bisher davon nicht unterkriegen lassen. Und solidarisch muss nun auch die europäische Bevölkerung mit dem Nachbarstaat sein.
Eine Sendung von Judith Geffert und Franca Bohnenstengel
Es sprechen: Ortrun Schütz und Martin Bretschneider
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