„Vermeintliche Gründe“ – zu der „deutschen Arbeit“

Mehrere Jahre hat sich eine Forschungsgruppe an dem Fritz-Bauer-Institut unter der Leitung von Werner Konitzer mit der Frage beschäftigt hat, welche Rolle Moral im Nationalsozialismus gespielt hat. Dabei sollte es nicht darum gehen, welche Moralvorstellungen Einzeltäter hatten, die direkt an der Ermordung beteiligt waren; sondern es wurde der Frage nachgegangen welches normative Klima zur Zeit des Nationalsozialismus in der Gesamtgesellschaft vorherrschte. Dazu arbeitete die Forschungsgruppe mit wissenschaftlichen Texten, die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus publiziert wurden und die den Anspruch hatten eine nationalsozialistische Ethik zu formulieren. Bei der Auswahl der Texte half der Forschungsgruppe ein Sicherheitsdokument der SS, indem sie die Tätigkeit von Hochschulprofessoren beobachtet, beurteilt und kategorisiert haben. Das Ergebnis des Forschungsprojektes unter der Leitung von Werner Konitzer ist ein Quellenband mit dem Titel "Vermeintliche Gründe - Ethik und Ethiken im Nationalsozialismus", das im Campus Verlag 2020 erschienen ist.

Mit Nikolas Lelle sprachen wir über die Arbeitsmoral im Nationalsozialismus und deren Kontinuitäten bis in die heutige Zeit. Nikolas Lelle promovierte an der Humboldt Universität zu Berlin in der Sozialphilosophie. In seiner Dissertation, deren Publikation er zurzeit vorbereitet, untersucht er den Topos „deutsche Arbeit“ und die Rolle, die Arbeit im Nationalsozialismus gespielt hat. Seit 2020 arbeitet er bei der Amadeu Antonio Stiftung als Projektleiter der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus. 2018 gab er zusammen mit Felix Axster den Band „Deutsche Arbeit“. Kritische Perspektiven auf ein ideologisches Selbstbild im Wallstein Verlag heraus.

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